B E R L I N

Wer hätte gedacht, dass ich mal mit Heimweh an die Pissetunnel des Bahnhofs Lichtenberg denken würde?

Ich nicht!

Ich hätte auch nicht gedacht, dass mir der metallische Geruch der Bahngleise am Alex oder die Geräusche der Flügelschläge einbeiniger Tauben so fehlen könnten.

Ich habe jahrelang keinen Fuß aus dem warmen Nest meiner Heimatstadt gesetzt und habe mich jahrelang dafür geschämt.

Ich wollte immer Kosmopolit sein, wie die zahllosen Mitbewohner meiner Wohngemeinschaften. Ich wollte den Jakobsweg pilgern, Zäune in Südamerika streichen, gekonnt auf russisch einem Arzt von juckendem Ausschlag im Genitalbereich erzählen…

Ja, das wird wohl nichts, denn wie ich inzwischen weiß, kann ich weder auf meine Stadt, noch auf meine Freunde und vor allem nicht auf meinen Typen verzichten. Und leider haben alle Jobs…

Also, bleibe ich wohl einfach hier und werde einer dieser grimmigen Alten die einen im Straßencafe´ mit abschätzigen Blicken betrachten und Eimerladungen Wasser vom Balkon kippen, wenn man mal wieder betrunken vor der Türe weiterfeiert…

Ich freu mich drauf.

Huhn

Wie jeden Tag stehen mein Typ und ich vor der Wahl des Tages: Mittagessen.
Es gibt da verschiedenste Möglichkeiten, die eine Entscheidung wirklich nicht leicht machen und immer wieder zu kleineren Streitigkeiten, in unserer sonst eher formschönen Beziehung, führen.
In einer Stadt wie Berlin kann man unter mannigfaltigen Anzählen von Fressbuden wählen, der Vietnamese an der Ecke ( da sind wir wirklich oft ), der Inder eine Straße weiter ( nicht so oft, weil da muss man ja so weit laufen ) und natürlich hätte man rein theoretisch auch die Möglichkeit, sich etwas zu kochen. Dazu kommt es jedoch selten.
Heute ist so ein Tag an dem ich nun beschließe, eine Ausnahme zu machen und schmeisse mein kleines Hausfrauengehirn an.
„Letztes Jahr habe ich doch mal ein Hühnchen gemacht, wie war das?“  Staub bröckelt hörbar.
Ich beschließe, auf dem Weg zum Supermarkt weiter darüber nachzudenken.
Sehr eilig ziehe ich mich an. Die Klamotten hatte ich schon an, nur die Schuhe müssen noch gesucht werden. Habe die erwischt, die meine Mama beim letzten Besuch wegwerfen wollte. Ich fühle mich ein wenig rebellisch.
Auf geht´s zum Supermarkt.
Dort angekommen bin ich dem Rezept kein Stück näher gekommen. Ich beschließe es drauf ankommen zu lassen, und improvisiere.
Diese Fähigkeit habe ich bereits in meiner frühesten Jugend entwickelt und bin immer wieder überrascht wie gut sie, über all die Jahre des Wohlstandes, erhalten wurde.
Ich werfe also allerhand Dinge in den Korb, von denen ich denke, sie könnten sich als Beilage für Huhn eignen. Möhre, Apfel, Pflaumen, Kartoffeln. Bei den Kartoffel muss ich kämpfen, ein Opa griff genau über meinem Kopf ins Regal. Er hatte ein Polyesterhemd an.
Nachdem ich nun alles mit einem großen Schein bezahlt habe, ( Ich zahle nicht gern mit großen Scheinen, da wirkt man schnell neureich. Es kommt allerdings nicht oft vor. Zum Glück ) trete ich hinaus und begebe mich auf den Rückweg, vorbei an kleinen Straßencafe´s und rauchenden Neureichen. Ich hoffe keiner sieht mir auf die Schuhe.
Zuhause werfe ich alle Zutaten auf den Küchentisch. Ich wasche das Huhn und muss dabei an eine der Sendungen denken, die kurz vor der Prime Time laufen. Bakterien im Schwamm und auf meinem Holzbrett. Ich beschließe, beides nach dem Kochen mal mit heißem Wasser zu übergießen.
Beim Schneiden muss ich an diese Dauerwerbesendungen denken, in denen sie Blechdosen mit dem Messer durchschneiden. Ob ich das mal probieren soll? Bei sechzig Euro für ein Messer müssten die das eigentlich durchhalten. Entscheide mich aus pazifistischen Gründen dagegen.
So, alles fertig alles in den Ofen, Ofen an und rausgehen. Nach fünfundvierzig Minuten komme ich wieder. Das Huhn ist fertig. Ich serviere das ganze in einem tiefen Teller und beobachte den Hund beim sabbern.
Ich hatte gehofft an diesem Tag am Esstisch zu essen, die Hoffnung zerschellt jedoch beim Betreten des Wohnzimmers. Der Typ hat sich bereits am Fernsehtisch niedergelassen und die Kiste angeworfen. Mittag bei Uns. Ich verspeise hochachtungsvoll mein Hühnerbein und versichere mich in regelmäßigen Abstände, ob es ihm denn nun schmeckt. Er sagt ja, ich denke er lügt nicht. Nächstes mal gehen wir wohl wieder zum Vietnamesen.

Sylvie van der Vaart

Die Frau, die wie keine andere den Neuanfang und Jahreswechsel im Namen trägt soll meine Schutzpatronin im nächsten Jahr sein.

Und damit am 31.12. das große Rumgeeier nicht wieder losgeht, hier schon mal die Check-Liste für 2012:

  • einen Kurzfilm drehen
  • eine Kurzgeschichte schreiben
  • ein Podcast-Projekt angehen

Und für den Lebenslauf stehen ohnehin noch an:

  • Kettensägenführerschein
  • Gabelstaplerführerschein

Mal sehen, was davon in den kommenden 87+366 Tagen umzusetzen geht…

Hab ich sonst irgendwas vergessen?

so macht man das

Dienstag der 4. Oktober 2011 wird von nun an als der Tag meines Beitrittes in die Welt der Erwachsenen, in zahlreichen posthum veröffentlichten Artikeln, Büchern, wissenschaftlichen Abhandlungen und so weiter, Erwähnung finden.
Nicht nur, dass ich nach 3 Gläsern Rotwein die folgenden 2 Tage ausserstande bin, mich normal zu artikulieren, sondern auch die Tatsache nun zum Kreise derer zu gehören, die Schadensersatzforderungen in Raten bezahlen, macht mich zu einem wertvollen Teil der so genannten „mündigen end-twens“…

So stehe ich in der Sparkasse an der Ecke.

Stolz und vorurteilsfrei fülle ich die Felder „Kontoinhaber“ und „Kreditinstitut“  mit einer möglichst unleserlichen Schrift aus wobei ich den Hinweis „IN DRUCKBUCHSTABEN“ weitestgehend ignoriere.
Kurz geknickt und dann ab in den Schlitz in der Wand, das dauert länger als am Automaten.

Wie immer bin ich froh, dass ich den ersten Schritt in Richtung „ankommen im richtigen Leben“ hinter mich gebracht habe.

Noch mehr Meinung

Nach über neun Jahren beinahe regelmäßiger Partizipation und irgendwann auch schon einmal angefangener Sneak-Kritik, nehme ich mir jetzt mal vor, die Bewertungen, die ich sowieso wöchentlich (gegeben des Falles ich war überhaupt da) bei Twitter in die „Welt“ „rausschreie“, irgendwie noch auf fünf, sechs, neunzehn Sätze ausgeweitet hier zu bringen. Vielleicht braucht das Ganze noch eine gute Headline, unter der das laufen wird, aber im Prinzip: Here we go.

Feist – Metals

Feist promo

So, über Musik schreiben ist ja bekanntermaßen…

Deshalb sei an dieser Stelle nur gesagt, ich konnte zum neuen Album von Feist ganz hervorragend meine Wäsche aufhängen und das ist eine Tätigkeit, die wohl viele sehr gern erträglicher gemacht haben wollen, dabei kühlt das im Winter immer so schön die Hände und bringt im Sommer etwas Feuchtigkeit in die gute Stube.

Nun, ja, hier also kriegt man im Tausch gegen eine E-Mail-Adresse etwas zu hören: http://www.listentofeist.com/metals/

Landet Brunsås

Landet brunsas vinjett

So, Fernsehtip! Nur ohne Fernseher, weil im Internet, dafür für alle, also nur alle, die auch Schwedisch verstehen. Dazu aber mit Untertiteln und so, weil: Das macht’s leichter. Und für alle anderen: Die Sendung ist auch wahnsinnig toll fotografiert, finde ich, wenn man so sagt…

Also, bei SVT Play ist vor nicht allzu langer Zeit die zweite Staffel von »Landet Brunsås« angelaufen und beschäftigt sich mit den Essgewohnheiten der Schweden, mal wieder, nur anders, irgendwie, in jedem Fall neu, lustig und unterhaltsam.

landet brunsås
Schyffert, Lundgren, Haag

Wem mache ich eigentlich was vor? Jochi, du kannst hier mal reinschauen: http://svtplay.se/v/2530521/landet_brunsas/

Philipp, bookmarken für das nächste Semester!

Der Freitag Abend vor´m Fernseher

Heute entschied ich mich, nach einem ausgedehnten Mutter- Tochter Tag in 7 Zentimeter Absätzen, dann doch für den Abend vor dem Fernseher daheim.

Zu Beginn mäanderte ich noch voller Hoffnung durchs Programm und fand mich bald in einer „Sechzigerjahre“ Dokumentation über das alltägliche Leben der Bevölkerung und deren witzige Schattenseiten wieder.

So wurden in den „Sechzigerjahren“ Großraumbüros mit Ecken ausgestattet, welche einen kleinen runden Spiegel und eine Ablage unterhalb des kleinen runden Spiegels beinhalteten. Diese sollten den jungen Damen im Büro die Möglichkeit geben, sich bei renovierungsbedürftiger Gesichtsbemalung kurz zurückzuziehen. Dies geschah wohl mit der Absicht, das Antlitz danach in neuem Glanze zu präsentieren. Das sie eine Auffrischung nötig hatte, erkannte die Frau an den abschätzigen Blicken der Männer.Ein Mann in der Dokumentation betonte noch, dass die Frauen vorwiegend aus ästhetischen Gründen geduldet wurden.

Nach zwanzig Minuten war dann aber auch diese Sendung vorbei und ich drückte mehrfach auf das kleine Plus bei „Pr“ und dann noch ein paar mal das Minus.

Ein großer Sender der hauptsächlich seichte Unterhaltung bot, lieferte mir ausreichend Schmalziges.
Ein kleiner Punk trat hinter dem gelben Stern an der Rückwand der Bühne hervor. Er hatte wohl schon einiges erlebt und so wurden zur Untermalung seiner prekären Lage einige Szenen eingeblendet, welche ihn in dreckigen Ecken irgendwelcher Parks zeigten.
Er erzählte von seinem Leben auf der Straße und von einem missglückten Selbstmordversuch. Seine großen braunen Augen wirkten wenig drogengeschädigt und auch die Haare sahen merkwürdig gut gefärbt aus. Er erwähnte seine „Mama“ und dass er sie über alles lieben würde. So weit, so gut.

Das Publikum zeigte sich skeptisch und betrachtete den vermeintlich Arbeitslosen aus zusammengekniffenen Augenschlitzen. Da wurde das gesamte Spektrum des deutschen Proletenadels eingeblendet. Von Badelatschenmannie über Friseurgabi bis zur kleinen Pressilla-Schantall.

Nachdem  nun eines der Jurymitglieder eins, zwei überflüssig abschätzige Fragen gestellt hatte, die ohne Widerspruch beantwortet wurden, durfte der kleine Punk aus der Schweiz loslegen. Ein Stück am Klavier, selbst komponiert.
Das Stück war kaum beendet, da standen schon die ersten wild klatschenden deutschen Bürger in ihren Rängen.

Standing ovations sollten eigentlich nicht so inflationär eingesetzt werden, wie diese Sendung es vermittelt, dachte ich mir und drückte drei mal auf Plus.

Ein Sondereinsatzkommando stürmt ein Einfamilienhaus, Werbung, schlechte Komiker stehen auf Bühnen und berichten vom letzen Arztbesuch.

Das war auch der Zeitpunkt an dem ich mir dachte: „Du solltest mal wieder was kreatives machen!“.

Und ich denke gerade in den folgenden Punkten stimmen wir überein!

Und ich denke gerade in den folgenden Punkten stimmen wir überein:

 

Der Sommer war zu mild, um eine echter Sommer zu sein.

Und jetzt ist es zu früh, um schon Herbst zu sein.

Wenn man bedenkt, dass Mai und April viel zu warm waren, um noch Frühling zu sein.

Zudem es heut viel zu schön war um schon so kalt zu sein und es viel zu kalt ist, als dass diese gottverdammten Mistmücken noch irgendeine Daseinberechtigung hätten.

 

Wetter macht glücklich und deprimiert zugleich. Scheinbar darf es uns das Wetter nie recht machen. Da kann man von Glück reden, dass es kein schlechtes Wetter gibt! Pünktlich zu Beginn der ersten sich verfärbenden Blätter hat die Weihnachts-Patisserie den Hasen alle roten Glockenbändchen abgenommen um sie den umgeschmolzenen Rentieren anzuhängen und erinnert uns dadurch ab ca. Anfang September subtil daran, dass wir bald mit Socken am Kamin und unseren Liebsten unterm Baum Geschenke auspacken werden, während Vati draußen fröhlich die Einfahrt frei schippt. Aber das passt uns auch wieder nicht. Man will halt nicht an Schnee-Kamin Abende denken, während die Bereiche unter- und oberhalb der Badehosenzone noch in zartem Vollmich-Trüffel-Parfait anfangen auszubleichen. Aus Trotz machen wir uns konsequent – und doch gestresst – wie die letzten Jahre pünktlich um 9:00 Uhr des 24.12. auf den Weg die paar letzten Geschenke zu besorgen, die uns noch fehlen; und auch noch die paar ersten, die uns noch fehlen. Frust macht sich breit, denn genau an diesem Tag, an dem wir wissen, dass alles möglich sein sollte, müssen wir härter denn je lernen, dass die allseits gepriesene weihnachtliche Harmonie spätestens bei dem Satz „Das müssten wir erst noch bestellen!“ ein jähes Ende findet.

Schön! Das ändert sich ebenso wenig, wie die Weihnachtsschokolade zu Beginn des Altweibersommers.

Merke: Obgleich uns die Schokoladenindustrie ab September an das Kaufen der Weihnachtsgeschenke erinnert, lehnen wir Weihnachten genauso eklatant, wie das Wetter ab und kaufen alles auf den letzten Drücker!

Ich freue mich euch beruhigen zu dürfen, dass wir getrost einen milden, matschigen Winter, dafür jedoch herbstliche Weihnachten erwarten dürfen.

 

Frohes Fest!

philipp.