Wenn alle Allen allein für sich wollen

Ich frage mich, wann es das letzte Mal vorgekommen ist, dass ich mir dachte, dieses Buch musst du haben. Vor allem sprach ja einiges dagegen, es zu kaufen. Es ist momentan noch nur als Hardcover zu erwerben, und da habe ich bisher noch beinahe immer die Füße so lange still halten können bis die Taschenbuchausgabe auf den Markt kam, zumal dieses hier stramme 17,90 € kosten soll, was nach meiner Einschätzung auch für Hardcover eher im oberen Preissegment ist, also im wissenschaftsfernen Unterhaltungsimperium versteht sich. Noch viel gewichtiger aber ist die Tatsache, das ausgerechnet, ja man darf sich vom sträflichen Mißbrauch dieses Wortes durch die bundesdeutschen Sportkommentatoren nicht von dessen Einsatz abschrecken lassen, denn es führt noch immer einen gewissen Zauber mit sich. Ausgerechnet also Maxim Biller hat dieses Buch im Spiegel Nr. 35 vom 27.08.2007 besprochen und als wenn das nicht genug wäre auch noch für gut befunden.
Wenn etwas in der neu gestalteten Zitty nicht fehlt, dann Billers komisches Frage-Antwort-Pingpong für das er höchstwahrscheinlich einen völlig überzogenen Betrag vierzehntäglich auf sein Konto überwiesen bekommen hat. Ich stelle mir das denn auch so vor, dass er immer kurz vor der Angst, also Redaktionsschluss, sich an die fünf oder sechs Fragen, die ja irgendwie immer die gleichen waren, gesetzt hat und sie mal eben nach gutdünken und Langeweile beantwortet hat. Mag sein, dass das das geheime Konzept gewesen war, aber wer bitte braucht auf uninteressante Fragen gelangweilte Antworten von einem Autor, der anscheinend nicht die grosse Popularität genießt, um ganze Essays in dieser Zeitschrift unterzubringen oder besser noch gleich ganz auf solche Ich-lebe-noch-kauft-meine-Bücher-Auftritte verzichten zu können.
Pure Anarchie“ also, diejenigen mit dem Spiegel-Abonnement haben eventuell schon mal nachgesehen, worum es denn eigentlich geht, das neue Buch von Woody Allen, findet Biller klasse und dabei wird er nicht müde, in einem dafür umso ermüdenderen Artikel, dies herauszustellen. Bleiben für mich konsequenterweise nur zwei Schlüsse.
Erstens: Allens neues Buch ist absolute Scheiße und genau deshalb findet Biller es toll, denn er erkennt sein beschissenes Leben darin wieder. Oder Zweitens: Biller ist nicht der, für den ich ihn halte, sondern in seinem Kern ein ganz wunderbarer Mensch, der ein wunderbares Buch ganz einfach so wunderbar findet, dass er sich wiederum erstens in seinem Wortschwall nicht hat bremsen können und so eine scheußliche Kritik vom Stapel gelassen hat oder vielmehr zweitens ein so gerissener Hund ist, dass er mit voller Absicht einen schlechten Text über ein gutes Buch schreibt, um Allen in gewisser Weise für sich und all diejenigen, die schon hinter seine, Billers, Fassade gekommen sind, zu behalten. Dass ihm Allens große Popularität, wie vermutlich jedem anderen Allen-Fan, den eigenen Spaß an der Lektüre oder den Filmen nimmt, ist jedenfalls nicht so schwer zu durschauen wie Billers vermeintliche Textabsicht. „… jeder Schwachkopf hat eine Meinung zu Woody Allen.“ Aber Obacht, das sind natürlich nur die Schwachköpfe, die kann man nicht als echte Fans zählen, die echten Fans und allen voran Biller selbst haben „gleich mehrere“, wie wunderbar.
Soviel zu Biller über Allen. Was jetzt wieder mich und meinen Wunsch nach Allen-Lektüre betrifft, ich wurde an dem Tag enttäuscht. Weder die Kollwitz-Buchhandlung noch die ach so großen Thalia hatten ein Exemplar für mich parat und so saß ich denn frustriert und genervt über diesen erfolglosen Spaziergang zu Hause und rang mit mir selbst, denn eigentlich soll man ja bei amazon nichts bestellen, denn das sind die ganz großen Schweine, die die Preise für Bücher so weit runtertreiben, dass ja bald nichts mehr übrig bleibt wenn man die Produktionskosten abzieht. Auf der anderen Seite ist das natürlich mit Komfort verbunden. Dreimal klicken und einmal warten und dann kommt für kostenlos das gewünschte Buch in deinen Briefkasten. Und Schande ja, ich habe es bestellt. Mal sehen, ob es heute im Kasten ist.

Woody Allen: „Pure Anarchie“
Kein & Aber Verlag, Zürich
188 S., Euro 17,90

Veröffentlicht von konrad.

Eighty percent of success is showing up.

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